Die Geschichte

von Werner Kohnen

22. die Friesenbrücke

Sehr geehrte Damen und Herren, nachstehende Episode schrieb ich, Werner Kohnen, 1981, für meine Tochter Helena Kohnen hinterlegt, die ich seinerzeit von der Friesenbrücke in Weener abholte, da sie bei den Schwiegereltern
in Weener großgezogen wurde. Weil Familie und Umfeld es mir nicht gestatteten, meine Tochter selbst großzuziehen.

Mit dem natürlichen Hintergrund, das Schiff „Hünenkönig“ aus Surwold zum Erwerb selbst fah­ren zu müssen.

Dass gerade diese Friesenbrücke später mal ein Desaster erleben würde, konnte der Verfasser nicht erahnen.

Als Hintergrund zum Verständnis ist zu sagen, dass ich Heiligabend 1975, also insgesamt mit 4 Verstor­benen, meine Frau verlor und selbst beide Beine abgetrennt wurden und ich somit lange Zeit im Krankenhaus in Leer verbracht habe.

Damals, in der Nacht vom 24. bis zum 25.12. sind in Coldam verstorben:

Karin Schmidt und ihr Verlobter aus Kassel, meine Schwägerin Maria Lübbers und meine liebe Frau Leni Kohnen, geb. Lübbers.

Die Brücke

Mein lieb Mädchen im achten Jahr so lieb und sacht
zu dir dringt ein Ruf und warm wird dein Blut.
Wohlauf denn – ziehe los der Fährmann ruft in Ge­stalt eines stählernen Kolosses.
Du schaust hinüber in die Ferne, ob die Brücke hält? Das Gerüst, die Pfeiler, die Trittplanken, so ganz kommt es dir nicht geheuer vor.
Wieviel Vertrauen und Selbstvertrauen stecke ich in die nächsten Schritte. Oh ha, unter dir der Fluss so sanft, gemächlich läuft er dahin so schier unaufhaltsam.
Alles vereinnahmend, mitreißend so richtig unheimlich. Dabei ist das Ende der Brücke noch gar nicht in Sicht.

Die Schritte werden schwer, belastend, du denkst nur nicht in dieses graue Wasser schauen.
Man merkt, wie es die gurgelnden Gedanken mitnimmt.
Oh Graus, lauf ich zurück oder wag ich mich weiter;
wie mögen wohl die des Bodens zusammengefügt worden sein oder sind sie gar brüchig? Na lieber schau ich zum Himmel, denk vielleicht an Herrgott und im näch­sten Moment an Baumeister oder gar daran, was man sel­ber im Leben alles schlecht zusammengefügt hat.
Stehn die Sünden am Firmament oder gar die Wolke spricht zu dir, lauf weiter wie die Wasserräder einer Mühle.

Plötzlich hörst du eine Möwe mit ihrem geraden
Blick kreischend auf dem Geländer immer weiter dem
Ende der Brücke folgend. Er nickt kurz und stürzt
sich ins Wasser, hebt seine Beute hervor und zieht hinüber zum anderen Ufer, aber mit etwas angstvollem Blick folgend, nicht auch eine Beute der Tiefe ge­worden zu sein. Deswegen werden die nächsten Schritte schwermütig wie die Wellen gegen den Ebbstrom.
Doch dann im Nebel ein Aufschrei, war nicht in der Ferne eine Stimme zu hören und das so vertraute Ge­sicht schon zu erkennen?
Nun schneller, denkst du, weiter – weiter, nichts
als weiter, nur nicht aufhalten und nicht hinunter
ins Wasser schauen.

Trotzdem dröhnen die Ohren wegen der Brückenhöhe.
Ein leiser Windzug nimmt dir mit einem Heulen um die Bogenträger den Druck.
Nur noch ein Gedanke bleibt haften, wär ich man
schon rüber.

Aber halt, mein Liebster winkt und kommt näher. Ob
ich rennen darf und wie mich die Füße tragen, wie
eine Last entwerfend.

Ein Aufschrei Hey!