Die Geschichte
von Werner Kohnen
15. Meine Selbstständigkeit

Selbstständigkeit an sich ist was Schönes, es suggeriert einem Freiheit.
Nun war ich ja Selbstständigkeit von der Schiffahrt gewohnt, musste aber lernen nach 1982, was für ein schweres Los es ist, wenn man eine Marktlücke gefunden hat, Fuß zu fassen und sich zu etablieren.
Das schwere Los fing damit an, dass ich im Beginn meiner Selbstständigkeit im Februar 1982 853 Angebote geschrieben hab und kein einziges Angebot wurde angenommen und nachgefragt.
Ich begann mit einer gemieteten Halle in lhrhove von Enno Hagen und mit dem besagten Ankauf in Hamburg-Harburg am Moorburger Elbkanal.
Da wir alle 14 Tage ein Schiff dort abwrackten, konnten wir diese in lhrhove einlagern, zwischenlagern. Das war der Start.
Danach verkaufte ich erst nach 9 Monaten meine ersten 7 Motoren nach Griechenland. Wie schwer diese Zeit war mit all seinen Niederlagen, unbeschreiblich!
In meinen Anfängen wurde mir geholfen durch die Auslandskorrespondentin Rita Rummeleit, die auch im Telex-verkehr sich schnell eingeübt hatte.
Ein Jahr später bekam ich den Auftrag aus Chile und Argentinien, pro Monat 20 Motoren zu liefern der Mercedes-Baureihe OM -352 und OM -314, die ja jeder kennt. Da wir an jeder Maschine nur 100 DM verdienten, stellte ich die Arbeit irgendwann ein.
Nach und nach öffnete ich doch den Verkauf an Schiffsmotoren im In-und Ausland. Und zwar in jeder Form und Größe.
Ab 1985 versuchte ich, einen Weltmarkt für Gebrauchtgetriebe zu eröffnen, was mir auch gelang. In meinen besten Jahren verkaufte ich 22 große Schiffsgetriebe und machte trotzdem Minus. Somit ging ich irgendwann bei und löste mein Lager mit 70 Getrieben auf in Richtung Hochofen.
Mittlerweile hatte ich mir auch einen Namen bei der Deutschen Bundespost gemacht und konnte Notstromaggregate dort kaufen und gut veräußern, weil diese Motoren nur gewartet waren und kaum gelaufen sind.
Desgleichen konnte ich auch von der deutschen Marine gute ausgesonderte Marinemotoren erwerben.
Da ich nach Schließung des Abwrackbetriebes in Hamburg Leerzeiten hatte in der Werkhalle, begann ich nach dem Ankauf der Werkhalle in Bockhorst, mit Stahlbau in V4A.
Wie ihr euch jetzt denken könnt, ist natürlich Stahlarbeit keine Marktlücke. Das heißt bei jedem Auftrag wird marktmäßig ausgehandelt und enge Grenzen gesetzt, so dass selbst Arbeiten für Hoch-Tief etc. nicht zu großem Gewinn führten.
Ich blieb meiner Linie mit den Dieselmotoren treu und lernte nebenbei das Non-PlusUltra der Aggregatswelt in Form von Marineaggregaten, Industriestromerzeugern, in größerer Form im Ausland auch genannt als Powerpack-Station.
Dies Ganze in dieselbetrieben oder gas-operated. Diese Anlagen lassen sich auch in 50 und im südamerikanischen Markt auch in 60 Hz-Betrieb funktionieren.
In der Schiffahrt gibt es sogenannte Langsamläufer von 250 – 500 rpm, Mittelläufer von 700 – 1200 rpm, Schnelläufer ab 1500 – 2300 rpm.
In diesen 3 Kategorien kann man seine Verkaufsgedankenwelt konstruieren und entsprechende Angebote ausbauen.
Schön waren nebenbei lukrative Tätigkeiten wie eine 8,50 m Schwanzwelle richten von der staatlichen Reederei aus Saudi-Arabien.
Noch heute freue ich mich darüber, Diesel- und Gasaggregate sowie Dieselmotoren und Ersatzteile anbieten und ab und zu verkaufen zu können.
Einer meiner größten Fehler kann gewesen sein, dass ich mich nicht weiter etabliert habe mit meinem Spezialwissen auf SRP-Antriebe. Das sind sogenannte Z-Antriebe, die heute auch bei Neubauten der Meyer Werft angewendet werden, sogenannte Pod-Antriebe. Obwohl ich mit den Schottel-Antrieben einen sehr guten Bekanntheitsgrad erreicht hatte. Was für eine geniale Erfindung!
Ich weiß von eigenem Wissen, ich habe 7 Motoren an eine große griechische Reederei in Griechenland verkauft und bin sicher, dass diese Motoren bei der Zigaretten-Mafia dringend gebraucht wurden.
Irgendwann war es weit, ich bekam einen Anruf von der MTU in Friedrichshafen, in Monaco würde ein großes Schiff liegen mit einem defekten Motor 16 V 538 und keiner konnte zu der Zeit dafür einen Zylinderkopf besorgen.
Man muss wissen, dieser 16 V 538 ist eine legendärer Motor, von Maybach gebaut und läuft doppelt so lange wie jede andere vergleichbare schnelllaufende Maschine auf der Welt.
Diese Maschine hat eine Besonderheit, sie ist komplett rollengelagert. Diese 538 sieht man auch vielfach seit 1955 unter den Lokmaschinenbaureihen 217, 218 vorne auf der Nase von so manchem dieselbetriebenen Güter- oder auch Schnellzug.
Jedenfalls konnten wir dem Eigentümer Aga Khan und seinem Stellvertreter, dem Kapitän des Schiffes, der aus Südafrika stammte, einen Zylinderkopf offerieren und mussten diesen dann wiederum nach Auftrag und Order nach Monaco im Eilzustand herbringen und einbauen.
Dass wir von dieser einen von 220 Firmen, die Aga Khan hatte, nicht entlohnt wurden, versteht sich in höheren Kreisen scheinbar von selbst. Schade um unser Wissen, unsere Arbeit und unsere Kosten.
Einige Jahre später meldete sich bei mir ein Herr Hoffmann, Motoringenieur auf der Privatjacht von Thyssen, und ich sollte 2 Motoren veräußern der modifizierten MB 518-C-Baureihe. Was mir dann auch gelang. Für den, der es nicht weiß, die Thyssenjacht war über 110 m lang und war mit diesen 2 Maschinen von 3.500 PS jeweils total untermotorisiert. Man baute dafür die hochmoderne 538er Baureihe ein mit jeweils knapp 5.000 PS, eingebaut bei der Lürssen Werft in Lernwerder.
1996 wurde mir angeboten aus der Stasihauptzentrale, wo denn auch sonst, in der Ruschestraße in Berlin, wo zu der Zeit unser späterer Bundespräsident Herr Gauck seine Aufarbeitung betrieb, 8 Diesel-Generatoranlagen auszubauen und zu übernehmen. Durch diesen Ausbau wurden mir durch alte Stasi-Methoden viele Hölzer in den Weg gelegt.
Man muss sich das so vorstellen, wenn wir in diesen Vierkantblock der Stasi – Hauptzentrale des Herrn Milke in der Ruschestraße hineinfuhren, mussten wir in den Innenhof, der fast Fußballplatzgröße hatte, um das anhängende rechte Stasigebäude herumfahren und dort war ein Maschinenbunker, aus dem wir dann die schweren Anlagen herausgebaut haben.
Es waren 4 Stück SKL 8 NVD-48 und 4 Stück SKL 8 VD-20/26 AL 2 Dieselaggregate. Die letzteren 4 Aggregate konnte ich innerhalb kurzer Zeit an einen griechischen Passagierschiffsreeder verkaufen, wo sie auch nach kurzer Zeit wieder eingesetzt worden sind. Die ersten 4 Motoren gingen jeweils nach Russland und Vietnam.
Irgendwann erhielten wir auch den Auftrag, 15 Motoren von der ehemaligen ostdeutschen Wehrmacht verkaufen zu können nach Nordkorea. Und zwar die Motoren-Sorte M 503 A aus Leningrad. Diese Maschinen waren ehemals in die DDRSchnellschiffe eingebaut gewesen und wurden im Jahr 2000 frei auf dem Markt angeboten.
Die M 503 A hat 4. 700 PS jeweils mit 48 Zylinder als Sternmotor. Diese Motoren wurden ordnungsgemäß angemeldet in Eschborn bei der deutschen Ausfuhrbehörde und danach gaben sie mir fast den Rest.
Verständlich, dass ich nicht alles schreiben darf, was ich weiß. Manchmal hat es mich gewundert, dass ich noch lebe. Was für eine Freude!!!
Jahresauszug
So viele verschiedene Motortypen – einzig in der Motorwelt und das in dem Jahr 1980!
